Glasfaser: Förder-Tsunami durch Gigabitstrategie?
Bis 2030 sollen Glasfaseranschlüsse für alle Haushalte deutschlandweit verfügbar sein. Möglich machen soll das die Gigabitstrategie der Bundesregierung – die Netzbetreiber fürchten dabei allerdings einen Förder-Tsunami, der den eigenwirtschaftlichen Ausbau behindern könnte.
Mit der im vergangenen Sommer beschlossenen Gigabitstrategie will die Bundesregierung erreichen, dass bis 2025 mindestens 50 Prozent und bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaser versorgt werden können. Das Zwischenziel ist den Experten Torsten J. Gerpott (Lehrstuhlinhaber für Unternehmens- und Technologieplanung an der Uni Duisburg-Essen) und Jürgen Grützner (Geschäftsführer des Branchenverbands VATM) zufolge nicht besonders ambitioniert. Angesichts der aktuellen Ausbauraten könnten laut Gerpott bis 2025 sogar bereits 60 Prozent erreicht werden. Danach wird es allerdings umso schwieriger – übrig bleiben den Experten zufolge nämlich Flecken, in denen sich der Ausbau für die Unternehmen nicht lohnt bzw. ländliche Gebiete, in denen die Strecken länger sind und in denen es außerdem schwieriger ist, hohe Buchungsraten zu erzielen, da es überwiegend bereits Gigabit gibt.
Mangel an Verbindlichkeit
Angesichts dieser Lage stören Gerpott bei der Gigabitstrategie des Bundes Formulierungen wie „baldmöglichst“ oder „werden prüfen“ – es mangelt dem Ökonomen an Verbindlichkeit. Konkret mahnt er bei Berichten über 40 bis 50 Milliarden Euro Investitionszusagen aus der Wirtschaft innerhalb der nächsten Jahre zur Vorsicht und rät hinsichtlich der Verdrängungssituation bei Tiefbaukapazitäten davon ab, praktisch alles förderbar zu machen. Für Netzbetreiber lohne sich ein Projekt Gerpott zufolge bei einer Vorvermarktungsquote zwischen einem Drittel und 50 Prozent. Die aktuell vom Breko (Bundesverband Breitbandkommunikation) vermeldete Take-up-Rate von 47 Prozent sei daher zu hoch.
Investoren wollten Grützner zufolge gerade auch im ländlichen Bereich ihr Geld einbringen – das brauche jedoch Zeit. Entscheidend ist für den VATM-Geschäftsführer daher eine staatliche Förderung, welche Investoren nicht aus dem Markt vertreibt.
Förderung als zentraler Baustein
Entgegen den Bedenken von Grützner und Gerpott betont Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag, dass Förderung ein zentraler Baustein bleibe, auch wenn die Regierung dem eigenwirtschaftlichen Ausbau den Vorrang einräume. Ihm zufolge könnten die Kreise selbst abschätzen, wo Ausbaupotenzial bestehe. Selbst wenn dieses theoretisch bestehe, sollte eine Förderung möglich sein. Ab 1. Januar 2023 würden einige Landkreise Förderanträge stellen, die Zunahme im ersten Quartal sollte Ritgens Prognose zufolge jedoch ein einmaliger Effekt sein.
Quelle: heise.de
